Sonntag, 18. Januar 2015

Meine Erfahrungen mit dem Golf plug-in-Hybrid

Seit ewiger Zeit endlich mal wieder ein Eintrag. Warum ich solange nichts berichtet habe, ist ganz einfach. Unser E-Smart tut seine Dienste ohne Probleme. Wir sind schon fast 30.000 km gefahren. Seit fast einem Jahr haben wir einen Sponsor: Als Stromkunde bekommen wir von den Stadtwerken Böblingen für ein Jahr die Batteriemiete und für fünf Jahre die Stromkosten für 5.000 km auf unserer Stromrechnung gutgeschrieben. Dafür sieht das Auto ein bisschen bunter aus. Zwischenzeitlich nutzen wir auch das Umsonst-Parken in Böblingen und in Stuttgart.  Bei schönem Wetter hatten wir auch einen Distanzrekord von über 130 km und noch knapp 20% Batterieladung. Allerdings bei gewohnt verhaltener Fahrweise. Derzeit fahre ich morgens wieder nach Pforzheim und nutze noch die vorhandene "Bettwärme". Dafür habe ich dann am Abend bei der Heimfahrt den Komfort eines warmen Innenraums und einer wesentlich höheren Durchschnittsgeschwindigkeit, so dass ich in weniger als 35 Minuten von Pforzheim nach Böblingen fahre.

Nun aber zu dem heute aktuellen Thema.

Schon recht lange verfolge ich die Ankündigungen von Volkswagen bezüglich des Golf Plug-in-Hybrid. Die Firma Hahn Automobile in Sindelfingen hat ihren ersten Golf GTE als Vorführwagen am 15. Januar 2015 zugelassen und am 16. Januar durfte ich ihn für eine Wochenend-Probefahrt abholen. Für diese großzügige Bereitstellung möchte ich mich ganz herzlich bedanken.



Insgesamt fuhren wir 290 km. Die erste Etappe machten wir am Samstagnachmittag nach Heilbronn. Eine Strecke von insgesamt 157 km, die überwiegend durch Autobahnfahrt gekennzeichnet ist.  Nun die Antwort auf die spannende Frage "Wie war's?".

Das Fahrzeug ist komfortabel ausgestattet. Die Sitze sind, wie bei vielen PKWs, für Menschen mit Rückenproblemen nicht wirklich geeignet. Aber mein bewährter Sitzkeil schaffte Abhilfe. Die Batterie war voll geladen und zeigte eine Reichweite von 50 km an. Da sich die Außentemperatur zwischen 2 und 5 Grad Celsius bewegte reduzierte das Einschalten der Heizung die Reichweite mal gleich auf 37 km. Bis zur Autobahn bin ich dann im reinen E-Modus gefahren - das ist gleich angenehm, wie mit dem E-Smart. Die Fahrt auf der Autobahn und den Rest des Ausflugs haben im Modus Batterie hold, was dem Voll-Hybrid entspricht bzw. im Hybrid-Modus zurückgelegt. Beim Batterie hold Modus wird die Batterie-Ladung erhalten und der E-Motor nutzt nur das, was eben durch Rekuperation an Strom erzeugt wird (soweit mein Verständnis). Im Hybrid-Modus entscheidet die fahrzeugseitige Steuerung selbst, wann welcher Antrieb eingesetzt wird. Allerdings führt dies auch zu einem systematischen Verbrauch der Batterie-Ladung. Den namengebenden GTE-Modus für die sportliche Nutzung beider Antriebe habe ich überhaupt nicht genutzt, weil diese Fahrweise meinem Naturell nicht wirklich entspricht. Das Wetter war regnerisch, so dass wir auch auf der Autobahn selten schneller als 120 km/h gefahren sind. Die Anzeige auf dem wirklich hervorragenden Display zeigte, dass wir  wir für 157 km 4,7 l Benzin/100 km und 3,4 kWh/100 km verbrauchten .

Am Abend durfte unser Wochenend-Gast wieder ans Kabel, so dass die Batterie am Sonntag wieder voll aufgeladen war. Für den Sonntag haben wir uns einen Ausflug nach Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb vorgenommen. Die Außentemperatur war noch ein bisschen winterlicher -2  bis +2 Grad. Diesmal führte uns die Fahrt auf Landstraßen und durch Ortschaften. Daraus ergibt sich, dass die Geschwindigkeit selten höher als 100 km/h war. Diesmal habe ich von Beginn an auf den Hybrid-Modus geschaltet. Diese Einstellung lässt sich komfortabel durch den Touch-Screen vornehmen. Bei dieser Fahrt hatte ich dann auch rausbekommen, wie die aktuellen Verbrauchswerte im Fahrer-Display angezeigt werden können. Dies offenbarte, dass der Benzinverbrauch auch bei meiner verhaltenen Fahrweise schon häufig die 10 l-Marke überschreitet. Auch der Stromverbrauch bei reinem Elektroantrieb schien mir im Vergleich zum E-Smart bei vergleichbaren Fahrbedingungen beachtlich höher zu sein. Sicherlich hängt das damit zusammen, dass der E-Motor im E-Smart eben 30 kW und der im Golf GTE 75 kW aufweist. Nun wieder zu den Verbrauchswerten. Bei einer Innentemperatur von 21 Grad sind wir 119 km gefahren und haben im Durchschnitt 4,1 l Benzin pro 100 km und 4,9 kWh an Strom pro 100 km verbraucht. Das lässt die Vermutung zu, dass der Hybrid-Modus in sehr guter Weise das Optimum aus beiden Antrieben nutzt.

Die Gesamtverbrauchs-Bilanz einschließlich der Stadtfahrten am Freitag und Samstag zeigt, dass mit zwei vollen Batterieladungen für 290 km 4,4 l Benzin pro 100 km und 4,8 kWh/100 km an Strom verbraucht wurden. Vergleicht man dies mit den Normangaben von 1,5 l, die ja per Definition nichts über den realen Verbrauch aussagen können, so zeigt, dass bei unserem Test der Faktor 3 zu einem realistischen Durchschnittsverbrauch führt.


Zum Schluss nun ein paar Worte als zusammenfassende Wertung persönlicher Art. Grundsätzlich hat mir der Golf Plug-in-Hybrid hervorragend gefallen. Er fährt sich sehr angenehm und überzeugt durch die bereitgestellte Technologie. Die Bedienung der Technik über das Display ist weitgehend selbsterklärend.

Eine Aussage über die Beschleunigung und über die Höchstgeschwindigkeit kann nicht machen, weil dies für mich absolut unbedeutende Merkmale sind. Wenn ich ein schnelles und sportliches Fahrzeug fahren wollte, dann würde ich aus dem Hause Volkswagen eine andere Marke wählen. Die Technik und das Zusammenspiel der beiden Antriebstechnologien scheint mir aus meiner Laiensicht einen hohen Entwicklungsstand zu haben. Was mir jedoch aufgefallen ist, dass die Rekuperation wesentlich später einsetzt, als dies bei unserem E-Smart der Fall ist. Erst das leichte Betätigen des Bremspedals steigert die Rekuperation (vielleicht habe ich da auch eine Einstellungsmöglichkeit nicht entdeckt). Allerdings hat sich bei nahezu leerer Batterie gezeigt, dass die Rekuperation wesentlich stärker ist.

Das Kraftpaket mit 150 PS Benziner und 102 PS E-Motor ist für meine Fahrweise absolut überdimensioniert und nach meiner persönlichen Ansicht auch nicht notwwendig. Bei der gegebenen Batteriekapazität kann der reine E-Modus nur sinnvoll im Stadtverkehr genutzt werden. Somit reicht eine begrenzte Höchstgeschwindigkeit und der Kavaliersstart an der Ampel ist nicht wirklich nutzenstiftend. Mein Schluss daraus wäre, dass eine wesentlich bescheidenere E-Motorisierung ausreichen könnte, ohne den Fahrspaß kaputt zu machen. Auch der Verbrennungsmotor könnte bei geringerer Maximalleistung hinsichtlich des Verbrauchs optimiert werden.  Persönlich wünsche ich mir, dass VW auch bald ein Plug-in-Hybrid Modell auf den Markt bringt, dass nicht die Sportlichkeit, sondern die verantwortungsbewusste Umweltverträglichkeit in den Mittelpunkt rückt.

Die Technologie im Sinne das "Beste aus zwei Welten" ist begeisternd, was ja nicht heißen muss "Das Schnellste aus zwei Welten". Als Laie habe ich den Eindruck, dass die VW-Ingenieure eine hohe und auch alltagstaugliche Qualität bereitstellen können. Allerdings kann ich es mir nicht verkneifen den kleinen praktischen Hinweis zu geben, dass andere Hersteller ein professionelleres Ladekabel liefern, das nicht zwanghaft auf dem Boden liegt, der ja nicht immer trocken und sauber ist.

Trotz meines betriebswirtschaftlichen Hintergrunds,  bin ich davon überzeugt, dass sich beim Auto nicht alles in Daten, Fakten und Zahlen ausdrücken lässt. Bei mir löst der Gedanke, dass in den Städten und Ortschaften 80 oder 90 % des Verkehrs abgasfrei sein könnte, Faszination aus. Dazu würde passen, wenn nicht nur Volkswagen, sondern auch andere Hersteller mehr rein elektrische Fahrzeuge und als Übergangstechnologie für die nächsten fünf bis zehn Jahre überwiegend Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge anbieten würden. Damit würden Mengendegressionseffekte auch die Kosten senken und die Erfahrung mit der Technologie auf der Nutzer- und Herstellerseite steigern.